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Willkommen in einer neuen Runde Gesprächsstoff, der unter dem Arbeitstitel „Behind the scenes – so sieht unser Job wirklich aus“ bei uns von Bürotisch zu Bürotisch begann.
Gerade während der Fashion Week entsteht durch die Streetstyles der Eindruck, man würde sowohl als Blogger als auch Redakteur in den neuen Kollektionen durch die Stadt bummeln und nicht in erster Linie unabhängig (und kritisch) darüber berichten.
Tatsächlich verbringen wir mehr Zeit im Büro als in der Front Row oder schicken Cafés, geschweige denn am Rande von irgendeinem Hotel-Swimmingpool. Journelles ist ein Job mit festen Arbeitszeiten, Redaktionsplänen und vollen Postfächern, den wir meist ungeschminkt und mit dicker Brille auf der Nase erledigen.
Einladungen zu Shop-Eröffnungen, Press Sales oder gratis Yoga-Stunden können wir aus Zeitgründen meist leider nicht wahrnehmen. Und doch suggerieren Instagram & Co. dass Modejobs vor allem Shopping, Reisen und materielles Glück bedeuten, angefangen von täglich 100 Paketen mit kostenlosen Handtaschen und Lippenstiften, Champagnerduschen oder Selfies mit berühmten Models, bei denen Make-up und Frisur perfekt sitzen.
So entsteht nicht nur ein falsches, sondern gefährliches Bild von unserem Beruf, denn es macht weis, dass es außer einer guten Kamera, verlinkbaren Klamotten und den passenden Hashtags nicht mehr braucht, um diese Laufbahn einzuschlagen.
Die Diskussion über die Online Influencer hat gezeigt, wie emotional aufgeladen dieses Thema ist, deshalb freuen wir uns auf diesen neuen Gesprächsstoff, bei dem wir mal ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern und euch unseren echten Alltag näher bringen wollen.
Jessie: Also in die Champagnerdusche würd ich schon mal steigen…
Ari: Ich hätte auch gerne mal wieder ein Gläschen.
Alexa: Klar, trinke ich auch gerne mal was, aber ich weiß: Am nächsten Tag habe ich einen Kater und meine Texte sind voller Fehler. Dann schaue ich auf die anderen Seiten und denke: „Krass, gestern waren ALLE auf dieser Shop-Eröffnung. Bis auf ich.“ Wieder was verpasst!
Ari: Ich bin allein dadurch, dass ich ein Kind habe und viel Zeit mit meiner Tochter verbringe, schon bei vielen Events am Nachmittag oder Abend raus. Manchmal sehr schade, aber oft steht auch der Zeitaufwand oder Benefit vor allem bei Events in anderen Städten in keinem Verhältnis zu dem, was da präsentiert oder beworben wird. Deshalb sage ich in letzter Zeit noch viel häufiger bei Veranstaltungen und Reisen, wo ich meinen Anhang nicht mitnehmen kann, im Voraus ab.
Alexa: Viele PR-Agenturen gehen bei ihrer Planung irgendwie davon aus, dass man als Journalist, Autor oder Blogger massig freie Zeit hat. Selbst als Angestellte konnte ich früher nicht aus der Redaktion rennen und zu einem Event gehen, weil ich immer noch Arbeit auf dem Tisch hatte.
Jessie: Ich behaupte ja, unter Alkoholeinfluss besser schreiben zu können (oder besser Englisch zu sprechen)… aber Spaß beiseite. In Berlin kann man jeden Tag auf ein neues Event hüpfen, kaum eines unterscheidet sich von dem nächsten, die kostenlosen Drinks fliessen in Strömen. Wie einfach es doch ist, hier zum Alkoholiker zu werden! Ich meide den Großteil aller Events, weil es wenig mit meinem Job zu tun hat und so gut wie nie spannende redaktionelle Inhalte dabei rum kommen. Das Prinzip „Sehen und gesehen werden“ mochte ich noch nie. Dafür liebe ich andere Möglichkeiten des Austauschs und der Kommunikation mit Geschäftspartner oder Lesern – persönliche Treffen sind wesentlich effektiver.
Aber klar: Viele dieser Annehmlichkeiten suggerieren einen coolen Lifestyle ohne viel Arbeit. Das macht die Stellenbeschreibung eines Modejournalisten, der Redaktionsleitung oder die des Bloggers schwierig.
Alexa: Das kenne ich gut. Die älteren Familienmitglieder verstehen nicht, was das für ein Beruf („Hä, Modejournalistin? Über was schreibt man da?“) sein soll und glauben, dass die Selbstständigkeit dem Gauklertum gleichzusetzen ist und eine Festanstellung doch viel viel besser wäre. Aber es gibt kaum mehr feste Jobs, schon gar nicht in Berlin. Wenn ich dann noch erkläre, dass ich für verschiedene Onlinemedien arbeite, nebenbei einen Onlineshop für Schmuck betreibe und Bücher schreibe, ist alles aus… Ich sage immer: „Ja, ich bin die Alexa mit dem Schmuck, den Büchern, Alexa Peng und ich schreibe auch für Journelles.“ Dabei fällt mir auf, wie viel wir alle parallel machen. Kein Wunder, dass nicht nur die Familie den Überblick verliert.
Mein Arbeitsalltag:
… verändert sich je nach Auftragslage. Eine klassische 5-Tage-Woche habe ich schon mal nicht. Eher eine 6,5 und früher habe ich auch oft im Urlaub gearbeitet. Im Moment mache ich 3 Tage Journelles und an den beiden anderen Tagen freie Jobs.
Ich starte um 7 Uhr mit einem ersten Nachrichtenüberblick, lese SpiegelOnline, höre Info- oder DeutschlandRadio und grase meine üblichen Seiten inklusive Instagram ab. Dann schlage ich per Email meine Themen vor und warte auf das Feedback. Bis 12 Uhr muss ich die ersten Texte fertig haben, kurze Pause, dann geht’s weiter bis 18.30 oder 19 Uhr. Oft ist es wochenlang ruhig, dann kommen drei fette Aufträge zusätzlich auf einmal rein. „Nein“ sagen ist nicht, deshalb sitze ich dann manchmal bis 24 Uhr und am Wochenende am Rechner. Am liebsten schreibe ich über Mode, aber auch Beauty, Ernährung, Reise, Sport und Beziehungsthemen. Sprich: Alles, was ich selbst gerne lesen würde.
Bei Journelles ist der Ablauf ähnlich: Morgens besprechen wir die Themen, dann haut jeder in die Tasten. Zwischendurch machen wir vielleicht ein paar Fotos im Studio oder draußen auf der Straße. In der Redaktion arbeite ich immer parallel an neuen Artikeln, checke meine Emails und time die Facebook-Beiträge. Mein Handy ist immer auf lautlos gestellt und in meiner Tasche, denn wenn ich zwischendurch telefoniere oder SMS schreibe, komme ich aus meinem Yum raus.
Abends und am Wochenende kümmere ich mich dann noch um mein Schmucklabel vonhey, mein Blog Alexa Peng oder erledige kleinere Aufträge, wie zum Beispiel Kolumnen oder PR-Texte. Fazit: Ich arbeite dauernd. Wenn ich den Urlaub fahre, darf ich auf keinen Fall einen Laptop mitnehmen, sonst stehe ich mit dem Ding im Gebüsch oder auf einer Klippe, um ein ein besseres Signal zu bekommen. Ich habe wirklich schon am Strand im Sand auf einem Handtuch unter dem Sonnenschirm gearbeitet. Das würde ich heute nicht mehr machen…
Neue Bücher:
Für ein neues Buch habe ich Moment überhaupt keine Zeit und ehrlicherweise auch keine Idee, über welches Thema ich schreiben könnte. Wenn man 10 Stunden am Tag am Rechner klebt, fehlt mir persönlich die Muse. Denn Fakt ist auch: Mega gut bezahlt wird so ein Herzensprojekt nicht oder zumindest nicht so gut, dass ich nebenbei nicht arbeiten müsste. Bei anderen Autoren ist das vielleicht anders. Statt abends also noch mehr zu schreiben, will ich dann lieber Sport machen, einkaufen und Zeit mit meinem Mann oder Freunden verbringen. Die gibt’s ja auch noch!
Zeit für mich:
Vor der Arbeit versuche ich morgens 20 Minuten Yoga zu machen, weil mir sonst abends der Rücken weh tut – für mich übrigens die schlimmste Nebenwirkung des Jobs. Mein Fitness Diary ist auf jeden Fall an meinem Joballtag gescheitert.
Trotzdem küsse ich jeden Tag die Schwelle zum Büro, weil ich einen Beruf habe, den ich selbst gestalten kann. Die Selbstständigkeit ist eine große Chance, bedeutet aber auch Verantwortung. Wenn ich nicht arbeite, verdiene ich kein Geld und mein Versicherungsberater macht mir Angst, was meine spätere Rente betrifft. Das nervt übrigens total, immer diese Angstmache in unserer Branche.
Schlendrian kann ich mir selten erlauben und vielen meiner befreundeten Kollegen, die in Redaktionen oder als freie Autoren für Print- oder Onlinemedien arbeiten, geht es genauso. Da ist schon mal vom „Hamsterrad“ die Rede. Verstehe ich gut, denn wenn man so wie ich keine festen Auftraggeber hat, hangelt man sich als freier Journalist von Job zu Job.
Spätestens dann fängt man an, über eigene Business-Ideen nachzudenken, beginnt ein Blog oder flüchtet in eine Ausbildung zum Yoga-Lehrer. Ein Deal für 3 Tage die Woche ist schon optimal.
Ari: Ich werde auch oft genug von Gleichaltrigen gefragt, was ich da eigentlich mache und wie ich meine Miete zahlen kann. Es ist nach wie vor ein Phänomen mit diesen neuen Berufen, die zum Teil noch keine offizielle Betitelung haben.
Alexa: Sie verändern sich ja auch immer weiter. Früher habe ich „nur“ Texte in Word getippt, für den Rest gab es einen Fotoredakteur, einen Grafiker und einen Producer. Wenn der Text ok war, hatte ich nichts mehr damit zu tun. Jetzt suche ich die Fotos und stelle den kompletten Artikel alleine online. Wir machen all diese Jobs von früher also jetzt in Personalunion, 2-in-1 oder sogar 3-in-1. Vor zwei Jahren konnte ich weder mit Photoshop arbeiten, noch den Autofokus auf einer Kamera einstellen. Ich konnte mir keine HTML-Codes merken, geschweige denn irgendwelche Einstellungen auf meinen Websiten machen. Heute MUSS ich es können, sonst wäre ich arbeitslos. Meine Jobbezeichung wäre demnach „Freie Foto-Mode-Redakteurin mit Weiterbildung zur Social Media Managerin/Schmuck-Designerin/Buch-Autorin“.
Deshalb finde ich es kein Problem, wenn jemand Quereinsteiger ist – so lange das Ergebnis der Arbeit stimmt. Auch Altersunterschiede finde ich egal. Ich sehe mich nicht als „Alter Hase“, denn die Branche ändert sich ständig und es gibt jede Menge zu erlernen.
Was mir auffällt und das bestätigen viele meiner Freundinnen mit Chefredakteursposten: Das journalistische Handwerk beherrschen viele Redakteure nicht und auch nicht die Fähigkeit zur Kritik. Da wird vieles persönlich genommen, was nicht persönlich gemeint ist. Zum Beispiel, wenn eine Headline geändert oder das Aufmacherfoto ausgetauscht wird. Dann gibt’s ein riesges Drama und alle hassen sich.
Ari: Das kann ich genau so unterschreiben. In meinen letzten Jobs war ich auch nicht nur Redakteurin, sondern musste gefühlt alles von HTML-Codes bis zu Collagen und Sales beherrschen. Eigentlich wurde es von all meinen Arbeitgebern sehr begrüßt, dass ich schon so lange blogge und weiß, wie ich mein eigenes kleines Onlinemagazin schmeißen kann. Das kam mir bei sowohl bei der Arbeit für Print als auch Online sehr zu gute. Viele Mädels, denen ich in meiner Laufbahn begegnet bin, hatten noch kein einziges Wort im Internet veröffentlicht und wussten weder mit Paint (hihi) noch mit Photoshop oder einer Excel-Tabelle richtig umzugehen. Das gehört eben neben dem Recherchieren und (schnellen) Verfassen von schönen Texten auch dazu.
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Jessie: Ich muss auch noch nach 9 Jahren regelmäßig erklären, wie mein Arbeitsalltag aussieht, welche täglichen To Do’s er beinhaltet, wie man davon leben kann und wieso Reisen besonders arbeitsintensiv sind. Deine Beschreibung, Lexi, trifft es ganz gut: Ich muss heute alle Jobs, für die in grossen Redaktionen diverse Stellen besetzt werden, als Einzelperson beherrschen oder zumindest verstehen. Das bringt Online einfach mit sich – und als Quereinsteiger ist das Aneignen diverser Tätigkeitsfelder sehr hilfreich.
Ich zeichne hier mal grob meinen Arbeitsalltag ab:
Im Office in Berlin
Nach dem Aufstehen checke ich die ersten Mails beim ersten Kaffee des Tages, scrolle Snapchat beim Zähne putzen durch, checke meine Termine (nach wie vor handschriftlich im Kalender notiert), sitze kurz am Laptop für die Übersicht und mache mich dann direkt Büro-fertig. Spätestens um 9 Uhr sitze ich am Rechner im Office. Dann beginnt auch schon mein Multitasking-Alltag, den ich aufgrund der Abwechslung so sehr schätze und liebe. Jeder Tag ist, allein durch die Themen, die wir bearbeiten, anders.
Los geht es mit dem schnellen Screenen meiner Feeds und News-Seiten, Pressemitteilungen, Emails – in Vorbereitung auf die Themenrecherche, die ich gern schon eine Woche im Voraus finalisiere. Der Redaktionsplan ist Dreh- und Angelpunkt, auch wenn wir immer wieder Themen umschmeissen oder verändern, um aktuell zu sein. Jeder Autor hat seine Fachgebiete; Ari bearbeitet zwei Mal in der Woche die Beauty-Kategorie, Tine alle zwei Wochen Interior-Themen und Kerstin ist freitags mit ihrem Outfit an der Reihe. Hier in Berlin schmeissen Lexi und ich die aktuellen Inhalte, die ich dann final abnehme und für die ich später auch das Lektorat mache. Jeder Artikel sollte im Idealfall also von mir abgenommen worden sein (was auf Reisen nicht immer klappt).
Den Großteil der Arbeitszeit nimmt die Recherche und das Schreiben der Artikel in Anspruch, dazu gehören natürlich auch Bilder, weiterführende Links, Tags, Querverlinkungen. Fotos schießen muss separat geplant werden und wird in der Tagesablauf integriert – vor oder nach der Mittagspause beispielsweise.
Ich schreibe nicht den ganzen Tag Artikel, sondern kümmere mich überwiegend um den administrativen Part: Emails abarbeiten, mit meiner Managerin Anne Höweler von Cover PR Anfragen und aktuelle Kooperationen durchsprechen, die inhaltlichen Anforderungen festlegen und abarbeiten inklusive Durchführung und Timings, die dann auch ins Team delegiert werden.
Dazwischen kümmere ich mich um das Lektorat, koordiniere Termine, buche Reisen, gebe Interviews, schreibe den Newsletter, knipse Bilder und widme mich den Tag über verteilt um Social Media: Dazu gehört neben Facebook vor allem Snapchat und Instagram, was je nach Tageszeit sehr zeitintensiv ist. Meetings mit PR-Agenturen und Geschäfts- oder Interviewpartnern versuche ich immer in den Tagesablauf zu integrieren. Heute Morgen habe ich mich beispielsweise zum Frühstück mit Rewardstyle getroffen, danach stand ein Steuerberater-Termin an, damit ich den Nachmittag frei habe für Büro-Arbeit.
Und ja, auch die Buchhaltung und Rechnungen spielen eine grosse Rolle. Das erledige ich aber oft am Wochenende, da es zu sehr ablenkt vom daily business. Macht aber nur halb so viel Spaß wie der Rest! Andererseits mag ich es, wenn der Schreibtisch endlich von all dem Papier befreit und in Ordner einsortiert wurde.
Ähnlich viel Pflege beansprucht der technische Part der Website: Wenn nicht gerade Bugs gemeldet werden müssen oder ich an der Umstellung der Seite arbeite, schreibe ich Konzepte für einen Relaunch, der mindestens zwei Mal im Jahr in kleinen oder grösseren Steps mit meinem Webdesigner und Programmierer umgesetzt wird. Das geht mal schneller und mal langsamer voran.
Ein wichtiges Thema, dem ich mich zumindest auf monatlicher Basis widme, ist das Personal. Assistenten, Praktikanten, Contributors: Das Team wächst nicht nur, sondern wird stetig neu ausgerichtet und muss zusammen gehalten werden, offene Stellen müssen ausgeschrieben und Ziele vereinbart werden. Für mich ist Personalführung definitiv eine Herausforderung, weshalb ich mir auch über den Arbeitstag hinaus viele Gedanken dazu mache und immer wieder Neues lerne.
Zeit verbringe ich zudem mit meinen Analyse-Tools, sei es bei Chartbeat, Google Analytics, Facebook, Mailchimp, SEO oder Rewardstyle: Zu verstehen, was wie wann warum geklickt wird und wie man den Lesern einen besseren Service anbieten kann, gehört genauso zu meinen Aufgaben. Es gibt keine geschriebenen Gesetze oder Fahrpläne im Netz und jeder Monat ist anders, aber Tendenzen zeichnen sich immer mal wieder ab. Auch daran passe ich unsere Themen an.
Unabhängig von täglichen To Do’s plane ich immer wieder Events: Office Sales, The Journelles Café oder den Designerflohmarkt – gern ohne grossen Vorlauf, dafür dann mit umso mehr Herzblut!
Ehrlicherweise ist mein Tag mit all diesen Arbeitsfelder schon proppevoll, aber da war ja noch was:
Mein eigenes Label JOUUR.!
Für JOUUR. stehen regelmäßig Meetings mit meiner Partnerin Pia auf der Agenda, in der wir neue Designs, die Produktion, PR-Aktionen und die Ausrichtung besprechen. Wir sind noch kein Jahr auf dem Markt und tasten uns step-by-step ran, sind frei vom klassischen Einzelhandel und bewahren uns so die Freiheit, die wir derzeit noch benötigen. Es ist ein sehr inspirierender, aber auch unheimlich aufwändiger Arbeitsprozess, dem ich deutlich mehr Zeit widmen müsste – nur wann? Deshalb suchen wir auch hier langfristig Unterstützung!
#JournellesZenFriday
Diesen ZEN-Tag habe ich nach meinem Urlaub auf Bali eingeführt, damit ich mich freitags um die Visionen kümmern kann. Das klingt erst mal Banane, aber in der Tat habe ich mir kreative Freiräume geschaffen, die ich vorher nicht hatte. Idee ist es, sich nicht dem daily business zu widmen, sprich (eigentlich) keine Emails und Artikel zu schreiben.
Das klappt im Großen und Ganzen ganz gut, zumindest kann ich den Nachmittag immer freihalten für grössere Pläne, Ideen und Gedankenwölkchen, die irgendwann konkret werden möchten. Besonders für redaktionelle Inhalte, die hier nonstop produziert werden, ist der Blick von aussen wichtig. Sehr empfehlenswert – mir kommen die besten Ideen nämlich erst, wenn ich nicht verkrampft über Journelles nachdenke. Sondern spontan und unterwegs.
Apropos unterwegs: Auf Reisen
…bin ich die, die im Flugzeug am Laptop die Mails abarbeitet (gibt nix Schöneres als keine direkten Antwortmails), Texte schreibt und vorbereitet. Ich bin zwar unheimlich gern unterwegs, allerdings kann ich auf Reisen nur halb so gut mein Pensum erledigen, da der Tagesablauf ein anderer ist. Auf Pressereisen gibt es ein fixes Programm und Termine, die man nicht selbst steuert. Den Leser oder Geschäftspartner interessiert zwar auch ein toller Reisebericht, aber auch all die anderen Themen auf Journelles oder die Antwort auf Emails werden erwartet. Im Prinzip quetsche ich all meine Aufgaben dann in weniger Stunden, entweder früh morgens oder spät abends. Und währenddessen wird auch gearbeitet, selbst im Urlaub: Bilder knipsen sich nicht von alleine und Notizen müssen ununterbrochen gemacht werden. Deshalb sage ich immer: Klar, war schön auf Mallorca! Aber ich habe noch mehr gearbeitet als zuhause.
Ari, du bist ja noch dazu Mama – wie gelingt dir dein Arbeitsalltag (mit bald zwei Kindern)?
Ari: Noch kann ich das nicht genau sagen. Aber mit einem Kind hat es mit der Selbstständigkeit bisher ganz gut funktioniert. Früher wollte ich mit eigener Familie immer auf „Nummer sicher“ gehen und gerne festangestellt arbeiten, aber musste in den letzten drei Jahren leider feststellen, dass nicht jeder Arbeitgeber – sagen wir mal so: familienfreundlich und kooperativ ist. (Hut ab, Jessie, dass du mir noch schwanger Arbeit geben wolltest.) Ergo habe ich viel mehr gearbeitet, weniger Zeit mit meiner Tochter verbringen können und deutlich weniger Geld bekommen. Und wurde zum Teil gefragt oder fragend angeschaut, warum ich denn schon gehe, obwohl ich deutlich früher angefangen hatte. Deshalb habe ich mich vor einem guten Jahr dann bewusst für die Selbstständigkeit entschieden und fahre damit bisher am besten.
Man muss aber auch der Typ dafür sein, denn Aufträge und neue Jobs kommen bei den meisten Leuten nicht von allein zum Fenster reingeflattert. Wenn man sich nicht kümmert, bleibt das Geld aus. Und das ist mit Familie weniger leicht zu verkraften, als noch als Studentin oder Single, wo man mal einen Monat lang auf ein paar Dinge verzichtet und nur Reis mit Soße isst. Außerdem gibt es natürlich immer Dinge, die nicht planbar sind und einfach passieren – das Kind oder man selbst wird krank und man kann nicht arbeiten. Dafür muss man immer einen Notfallplan haben oder ein paar Groschen mehr auf dem Konto, denn bezahlt wird man für den Ausfall nicht. Andererseits finde ich es auch schön, spontan eine Auszeit zu nehmen, wenn ich es mir gerade leisten kann. Wie oft saß ich in dem ersten Sommer nach der Elternzeit im Büro und hätte am Nachmittag lieber spontan mit meiner Tochter ein Eis gegessen oder wäre ins Freibad gegangen.
Zum Glück habe ich mir über die letzten Jahre – auch schon neben meiner Feststellung – ein festes Netzwerk aufbauen können und schöpfe daraus immer wieder. Ich arbeite also ganz unterschiedlich. In einer Woche mache ich zum Beispiel mehr Make-up-Jobs und an anderen Tagen schreibe ich wiederum nur für meine Seite und noch frei für andere Auftraggeber, wie Journelles. Um meine Aufträge herum plane ich dann meine Büro- und Home Office-Zeiten. Gewöhnlich starte ich immer ab 9 Uhr mit der Arbeit, sprich zunächst mit Emails und Telefonaten und überlege grob, zu welchen Themen ich Beiträge verfassen möchte.
Vorher ist uns ein gemeinsamer Morgen als Familie wichtig und einer von uns bringt unsere Tochter zur Kita. An manchen Tagen kann ich den ganzen Tag von morgens bis abends arbeiten, an anderen habe ich „Luca Duty“ und bin schon ab 15 Uhr auf dem Spielplatz und nur in dringenden Notfällen zu erreichen. Meistens muss ich dafür abends noch mal ran, wenn ich nicht eingeschlafen bin. Das passiert seit der Schwangerschaft leider viel zu häufig. Ich würde sagen, vom daily business ähneln sich unsere Tagesabläufe und To Do’s alle sehr. War ja auch nicht anders zu erwarten. Ich muss mich neben dem Schreiben, Fotos knipsen, Emails beantworten, Kooperationen an Land ziehen und Terminen mit Partnern, planen/besprechen und umsetzen natürlich auch um Buchhaltung, die Technik meiner Seite usw. kümmern. Das nimmt meistens doch alles mehr Zeit in Anspruch, als man von Außen vielleicht denkt.
Aktuell bin ich nicht mehr auf (Geschäfts-)Reisen und Events unterwegs, da ich schon im Endspurt der Schwangerschaft bin und das wird sicherlich auch erstmal eine Weile so bleiben, wenn das Baby da ist. Dennoch versuche ich, solang es mir noch gut geht, bis zur letzten Woche zu arbeiten. Das ist wahrscheinlich einer der „Nachteile“ des selbstständigen Arbeitens – einen richtigen Mutterschutz habe ich diesmal nicht wie vor der Geburt meiner ersten Tochter. Ich finde das gar nicht sooo schlimm, musste meine Arbeit aber schon deutlich zurück fahren, denn an manchen Tagen funktioniert der Kopf einfach nicht so gut. Für das Wochenbett habe ich mir nicht viel außer Familienzeit, Erholung, Stillen und Schlafen vorgenommen. Dafür habe ich mir ein größeres Sümmchen zur Seite gelegt, um in diesen Wochen nicht in den Zwang komme, arbeiten zu müssen.
Wenn alles nach Plan geht, dann widme ich mich danach wieder langsam meinen Tätigkeiten. Es wird alles anders als beim ersten Mal und ich kann überhaupt nichts versprechen, aber ich bin total zuversichtlich und positiv eingestellt und lasse mich überraschen, wie das Leben und Arbeiten mit einer vierköpfigen Familie wird. Vielleicht kann ich dann auch etwas konkreter berichten, wie mein Alltag aussieht – als jetzt in dieser komischen Zwischenphase…
Jessie: Unbedingt daily Updates bitte! :) Meine Frage am Ende unseres zugegeben recht ausführlichen Gesprächsstoffs geht an euch: Habt ihr euch den Blick hinter die Kulissen so vorgestellt?
Der Beitrag Schöner Schein vs Real Life: So sieht unser Redaktionsalltag wirklich aus erschien auf Journelles.